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sensibel - unsensibel?



Zum Begriff der Sensibilität


Das Wort "sensibel" kommt ursprünglich aus dem Lateinischen: "sensibilis" bedeutet "mit Sinnen, Empfindung und Wahrnehmung verbunden", auf den Menschen bezogen also sinngemäss etwa: "der Empfindung fähig". Insofern handelt es sich primär um einen neutralen Ausdruck. Fast jeder Mensch kommt "der Empfindung fähig" zur Welt und ist also naturgemäss ein sensibles Wesen. Wie stark diese Empfindungsfähigkeit ausgeprägt ist, hängt unter anderem von der Art ab, wie wir die Welt wahrnehmen, wie die 'Wahrnehmungsfilter' im Gehirn beschaffen sind und wie uns das Leben mit seinen 'Aufs' und 'Abs' begegnet.

Vergleiche zum Thema Sensibilität auch den Exkurs "Niedersensibilität".
Mehr zum Begriff sensibel/sensitiv ausserdem im Kapitel "Fragen und Antworten".


Im deutschen Sprachgebrauch hat sich das Wort "sensibel" von seiner neutralen Bedeutung zu einem, manchmal fast negativen Ausdruck entwickelt. So hört man zum Beispiel oft abschätzende Ausdrücke wie "Sensibelchen" oder "Mimose".
Hochsensible fühlen sich dadurch ausgegrenzt und abgewertet, was ihnen oft das Gefühl vermittelt, 'anders' zu sein und nicht dazu zu gehören. Und normalsensible Menschen ziehen erfahrungsgemäss schnell einmal die falsche Schlussfolgerung, dass sie durch die Existenz einer hochsensiblen Minderheit automatisch in die 'unsensible Ecke' gedrängt werden - und dass die hochsensiblen Mitmenschen Eigenschaften wie Feinfühligkeit, Empathie, Differenziertheit, Kreativität etc. ganz für sich alleine in Anspruch nehmen.
Diese Schlussfolgerung ist nicht richtig.

'Normalsensible' dürfen natürlich keineswegs pauschal als "unsensibel" abgestempelt werden. Es gelingt ihnen zwar dank stärkerer Abschirmungsfilter besser, mit ihrer sensiblen Seite umzugehen, und es braucht mehr Input, um sie in einen Zustand der Überstimulierung zu versetzen. Die sensible Seite manifestiert sich in ihrem Leben nicht so dominant und sie leiden nicht oder weniger darunter.


Hochsensibel sein bedeutet nicht unbedingt "sich sensibel verhalten"

Aussage einer HSP: "Mein normalsensibler Partner verhält sich oft viel sensibler als ich. Wenn ich überreizt oder überfordert bin, möchte ich mir selber nicht begegnen..." Ch.F.

Ein anderes Beispiel: Ein in hohem Masse hochsensibler Junge, der sich im Kleinkindalter die Ohren zuhielt, wenn er einen Staubsauger hörte, brachte sich als Teenager selber das Schlagzeugspielen bei und spielte später mit seiner Bassgitarre mehrere Jahre in einer Heavy Metal Band mit...

Für viele HSP bedeutet die eigene Hochsensibilität - trotz einem speziellen inneren Reichtum - häufig auch Leiden. Und wie wir wissen, verhalten sich leidende Mensch nicht immer sensibel. Minderheiten haben es erfahrungsgemäss schwieriger in unserer Gesellschaft, der Anpassungsdruck ist gross und überfordert hochsensible Menschen oft.

Leiden und Störungen treten gemäss der HS-Pionierin Elaine Aron vermehrt auf, wenn die Kindheit von HSP geprägt war von Unverständnis und Ablehnung der sensiblen Veranlagung. Dann kann diese sich nicht richtig entfalten und wird vom Kind unbewusst selber abgelehnt, unterdrückt, kompensiert oder "übertönt", was die ganzheitliche Entwicklung stören kann. Ein Beispiel: Die (hochsensible) Autorin dieser Website wurde als Kind in überfordernden Situationen oft jähzornig, was nicht unbedingt zu den sensiblen Verhaltensweisen zählt:-).
Genauso können sich jedoch hochsensible Kinder, welche in dieser Veranlagung positiv unterstützt werden, ohne grössere Schwierigkeiten entfalten.

Es ist also meines Erachtens auch eine Frage der inneren Entwicklung, ob und auf welche Weise sich die eigene Sensibilität auf positive Weise im Leben manifestiert, wie immer man geartet ist. So gibt es unter den Menschen, die sich "unsensibel" verhalten, natürlich auch Hochsensible, welche den sinnvollen Umgang mit ihrer hohen Sensibilität noch nicht entwickelt haben.

Es muss uns bewusst werden, dass jede Veranlagung, jede Eigenschaft sich positiv oder negativ ausformen kann - und dass ein erstrebenswertes Ziel doch eigentlich gegenseitige Ergänzung, Unterstützung und Kooperation wäre - anstelle von Konkurrenzkampf, Rechthaberei und gegenseiter Kritik.

Hochsensibilität entwickelt sich je nach Lebensgeschichte häufig erst zum Potenzial, wenn sie erkannt und durchschaut, akzeptiert und verfeinert, integriert und kultiviert wird. Dabei handelt es sich oft um eine lebenslange Anforderung an die persönliche Achtsamkeit und die nervliche Beschaffenheit. Dies muss uns bewusst sein, - gerade wenn ursprünglich Leiden und Schwierigkeiten mit der hochsensiblen Wesensseite verbunden gewesen sind.


Mit diesen Ausführungen möchte ich dafür plädieren, dass wir der eigenen Sensibilität – genau so, wie sie individuell angelegt ist, wieder einen höheren Stellenwert einräumen und sie vermehrt in unser Bewusstsein und in unseren Alltag integrieren. Das Wort "sensibel" verdient unter uns Menschen wieder mehr Wertschätzung. In vielerlei Hinsicht täte es dieser Welt sehr gut, wenn sie vermehrt "der Empfindung fähig" wäre.



Letzte Durchsicht: 7.9.2023